Musik hören? Die CD ist out, Musikgenuss gleich Streaming. Einkaufen? Online und am besten via App. Selbst Politik und Meinungsbildung haben sich scheinbar zu großen Teilen auf Twitter & Co. verlagert. Digitale Medien erobern also weiterhin unsere Welt und unser Leben. Ein Leben, das sich zwischen digitalen Errungenschaften und analogen Strukturen abspielt.

Doch was heißt „Leben“ eigentlich genau? Ich übersetze „Leben“ gerne mit „das-was-gerade-hier-mit-mir-geschieht“. Und da „leben“ tatsächlich schon viele Menschen recht ordentlich „digital“. Neben Jugendlichen bewegen sich auch zunehmend Erwachsene ständig in den sozialen Medien. Warum? Wegen des Gefühls oder gar der Angst, etwas zu verpassen.

Und in der Tat ist es nicht nur ein Gefühl oder eine Angst, die Viele denken lässt, etwas zu verpassen. Nein, sie verpassen tatsächlich etwas. Wer heute nicht mehr oder minder permanent digital präsent ist, läuft Gefahr, „ausgestoßen“ zu werden. Weil er schlicht den Zugang zum Leben der Anderen nicht mehr findet. Das kann man jetzt gut heißen oder nicht, aber zu einem großen Teil ist es nun mal Fakt.

Zum Vergleich erinnere ich mich dabei gerne ans Aufkommen der E-Mails: Anfänglich war alles kein Problem, man fuhr sozusagen zweigleisig – digital und analog.  Aber als nur noch eine einzige Person im Verein keine E-Mail-Adresse hatte, wurde diese Person zunehmend vergessen. Die These kann also durchaus lauten: Das Leben ist digital geworden!

Im Grunde läuft es im Business ganz ähnlich. Wer nicht digital lebt, sprich auf Facebook, Instagram, Xing und wie sie alle heißen, präsent ist, verpasst, Wichtiges vom Markt zu erfahren. Oder – unter Umständen sogar noch schlimmer – der Markt erfährt nicht, was ich zu bieten im Stande bin.

Das „digitale Leben“ verändert und prägt immer mehr und subtil nicht nur die reale Welt. Nein, das reale Leben passt sich inzwischen sogar dem digitalen an und nicht mehr umgekehrt. Ursprünglich ahmten Internet und Facebook das „Leben“ und „Treffen“ möglichst realitätsnah nach. Heute reduzieren wir das reale Leben immer öfter und akzentuierter auf „gefällt mir“ oder „gefällt mir nicht“.

Selbst die Weltpolitik zieht mit: In den USA regiert ein Präsident zu einem ansehnlichen Teil mit Twitter-Posts. Vor einigen Monaten noch unvorstellbar: Das mächtigste Land wird mit 140 Zeichen-Meldungen durch die Weltgeschichte gelotst. Aber auch das ist ein Teil des digitalen Lebens: Häppchen statt schwerer Kost zum Nachdenken.

Ich möchte die Entwicklungen gar nicht wertend in „gut“ oder „schlecht“ fassen. Obwohl der Geist des digitalen Lebens mit „like“ oder „dislike“ das eigentlich abverlangen würde. Wir dürfen nicht vergessen, dass auch dieses „digitale Leben“ zum „analogen“, sprich „realen“, Leben gehört. Und Realität gilt es anzunehmen und einen passenden Weg dafür zu finden.

Wir lernen, uns aktuell in der einen, der digitalen Welt neu zu bewegen. Die „andere“, ureigenste und persönlichste Welt sollten wir dabei aber ebenso pflegen. Wichtig ist, dass die Kommunikation als das eigentliche Schmiermittel für Alltagsbeziehungen darunter nicht leidet. Nutzen wir also gezielt das Potential der persönlichen, menschlichen Kommunikation. Dabei macht es wohl Sinn, sich bewusst Zeit fürs „analoge“ und Zeit fürs „digitale“ Leben zu nehmen. Unter uns: Wer hat nicht schon davon geträumt, sich in zwei Welten oder zwei Leben bewegen zu können? Damit zu spielen, damit umzugehen, lässt uns mehr entdecken.  Und diese „Entdeckungsreise“ kann durchaus Spaß machen.

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